28 Oct 2009

Migros magazin – Schöngeist mit Appetit auf Ideen

Schöngeist mit Appetit – Heinz Julens legendäre Kronleuchter setzen sich unter anderem aus Gabel, Messer, Gläser und des Künstlers und Architekten polarisieren. Auf dem Teller bevorzugt der Zermatter eher einfache

Sein Selbstvertrauen ist unerschütterlich, sein Charme von Welt, seine Kochkunst ein Experiment, sein Leben Zermatt, seine Liebe Evelyne – kurz, Heinz Julen ist ein begnadeter Dickschädel. Diese Eigenschaft befähigt ihn nicht nur, kompromisslos verrückte Ideen umzusetzen, sondern auch Evelyne vom Fleck weg zu heiraten.

«Nicht nur weil sie gut kocht, sondern weil ich weiss, dass wir füreinander bestimmt sind», erklärt der gläubige Katholik strahlend der Köchin und Rezeptautorin der «Saisonküche», Andrea Pistorius. Vor Evelyne hat Heinz Julen nicht oft zuhause gegessen.

Kein Wunder, als einer, der Hotels und Restaurants einrichtet und sie ab und zu erst noch baut. Ob in Basel, im stets ausgebuchten «Aqua», oder in Zürich, in der trendigen «Rüsterei», dem Zermatter Künstler, Designer und Architekten gelingt es immer wieder, Wohlfühloasen zu schaffen. Das sehen zwar nicht alle Gäste so, aber doch viele Bewunderer des eigenwilligen Machers.

Heinz Julen, der Schöngeist, polarisiert. Wenn ein Designer aus alten Gläsern, Messern, Gabeln und Gugelhopfformen kostspielige Kronleuchter konstruiert, ist die Diskussion sehr schnell entfacht. Kunst oder Krempel?

Im Gespräch mit Heinz Julen entsteht das Gefühl, er bewege sich zeitweise in einer anderen Welt. Endlose Weiten spiegeln sich in seinen Augen. Und ist der Gast erst einmal in seinem Loft, ist er dem Himmel ganz nah. Nah bei den Sternen, der Milchstrasse, der Galaxie – nur das Raumschiff fehlt.

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Wenn Träume mit Dynamit zerplatzen

Eine fliegende Untertasse hat er noch nicht konstruiert, aber mit dem Bau seiner berühmten Nobelherberge «Into the Hotel» ist ihm in Zermatt das Ausserirdische gelungen. Nicht für lange. Bereits wenige Wochen nach der prunkvollen Eröffnung wurde der Bau im Auftrag der Geldgeber mit Dynamit, Vorschlaghammer und weltweiten Schlagzeilen zerschlagen. Wegen Baumängeln und baulichen Risiken, die aber so nicht zu beweisen waren. Eine unschöne Geschichte vom Konflikt zwischen «Geld und Geist» im Leben von Heinz Julen.

Tempi passati. Das Millionendebakel ist Geschichte, die zerstrittenen Parteien haben das Ganze mit einem Vergleich beerdigt.

In der Küche graben derweil Andrea Pistorius und Heinz Julen Anekdoten aus. «Meine Mutter Martina kocht einfach, aber gut. Das liebe und schätze ich. Geschnetzeltes mit Rösti, Curry mit Reis, Fondue, Raclette oder aber eine Portion ‹Roscht› für den Brotaufstrich gehören zu mir, wie ich zu Zermatt gehöre», sinniert er über seine kulinarischen Vorlieben. «Roscht» basiere übrigens auf der Basis Butter, Zucker und Mehl, befriedigt Julen die fragenden Blicke in der Runde.

Das Einfache, das Pragmatische prägt das Leben von Heinz Julen wie auch die Kultur, die Kunst und der Luxus. Er verbindet immer wieder Gegensätze miteinander. Ob in seiner Arbeit oder in seiner Liebe.

Einfacher geht es in der Küche zu. Hier fügt Andrea Pistorius die Früchte mit dem Huhn und dem Curry zum Klassiker harmonisch zusammen. Auch gut.

Von abgefahrenen Trüffeln und feiger Feige

Gebügelter Saibling, Evas Paradiesapfelsuppe, Polenta mit abgehangenem Zermatter Speck und abgefahrenen Trüffeln, Schweizer Kalb und feige Feige. Dies ist nicht etwa ein Drehbuch für das kulinarische Theater, sondern das Hochzeitsmenü von Evelyne und Heinz Julen. «Rico Nachtweih hat im Zermatterhof wunderbar gekocht, die Menükarte hat sich aufgeklärt, alles hat bestens funktioniert, alle waren glücklich und alle wurden satt. Nur Trüffel gabs keine, die waren eben schon abgefahren», erzählt Julen lachend vom schönsten Tag in seinem Leben.

Der Curry wird aufgetischt, im Kamin knistert das Holz, am Tisch knistert es zwischen dem frisch verheirateten Ehepaar – Zeit zu gehen. Zermatt, die Sterne und das Fondue warten.

Nachgefragt bei Heinz Julen

➔ Wa s haben Sie immer auf Vorrat?
Wein, Honig, Pa sta, Sugo, Käse.

➔ Wie oft kochen Sie selbst pro Woche?
Höchstens einmal pro Woche. Eher weniger. Sagen wir zweimal im Monat.

➔ Ko chen ist für Sie …
… jedes Mal ein gewagtes Experiment.

➔ Wa s würden Sie im Leben nie in den
Mund nehmen? Ein Schafsauge in der Suppe.

➔ Mit wem würden Sie gerne einmal
essen gehen? Mit dem Sänger Bono von U2.

Fruchtiges Pouletcurry

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Hauptgericht für 4 Personen:
Zubereitung: 35 Minuten
Pro Person ca.
31 g Eiweiss, 17 g Fett, 9 g Kohlenhydrate, 1300 kJ/310 kcal

ZUTATEN

1 Zwiebel
5 Salbeiblätter
500 g Pouletbrüstchen
200 g Champignons
1 rote Peperoni
1 Apfel
1 Tomate
2 EL Olivenöl
Salz, Pfeffer
2 TL mildes Currypulver
1 dl Hühnerbouillon
1 EL Zitronensaft
1 dl Vollrahm

ZUBEREITUNG

1 Zwiebel fein hacken. Salbeiblätter in feine Streifen schneiden. Pouletbrüstchen in 1 cm breite Streifen schneiden. Champignons in Scheiben schneiden. Peperoni entkernen und in Streifen schneiden. Vom Apfel das Kerngehäuse entfernen. Apfel in Würfel schneiden. Tomate kreuzweise einscheiden. In kochendes Wasser tauchen, bis sich die Haut zu lösen beginnt, kalt abschrecken, schälen und in kleine Würfel schneiden.

2 Zwiebel und Salbei im Öl andünsten. Poulet dazugeben und rundum anbraten. Mit Salz, Pfeffer und Currypulver würzen. Champignons, Peperoni, Apfel und Tomate beigeben. Mit Bouillon und Zitronensaft ablöschen. Etwa 5 Minuten köcheln lassen. Rahm dazugiessen und weitere 2 Minuten köcheln.

Tipp
Dazu passt Reis oder Rösti.

Text Martin Jenni

Bilder Lucas Peters