Bergwürfel Weiland 1995-2014

Die WEILAND Arbeiten gründen auf meine ersten Bergwürfel-Projekte von 1994. Damals ging es mir um die Interpretation der Berge. Statt diese zu malen, und nur ein mattes Abbild zu erschaffen, wählte ich eine andere Herangehensweise. Ich machte Würfel aus Blech (30 x 30 cm) und schmiss diese von verschiedenen Gipfeln. Danach sammelte ich sie wieder ein, platzierte sie in Plexiglaskästen mit genauer Erklärung von Fall, Abwurf, FundsteIle, Zeit und Ort. Dies alles wurde per topographischer Karten peinlichst genau dargestellt. Eine abstrakte Form entstand. Der Betrachter projiziert den Fall des Bergwürfels, das Resultat wirft kaum Fragen auf. Die Abstraktion überzeugt.

Für mich ist das Abwerfen der Würfel ein fast ekstatischer Zustand. Durch das Wegstossen, im Loslassen, entziehe ich mich der Verantwortung für das Objekt. Ich zwinge ihm dadurch eine Geschichte auf, die im Fall, auf seinem Weg entsteht. Dann nehme ich das Objekt wieder an mich und interpretiere. Aus meiner Sicht haben die Arbeiten eine spirituelle Funktion und nähern sicher einer von mir gesuchten Wahrheit, die religiös gegründet ist und die ich symbolisch nachvollziehe: Ich bin der Gott-Schöpfer des Würfels, den ich erdacht habe, und nun auf seine Bahn, in sein Leben schicke. Durch seinen Weg bekommt er Ecken und Kanten, die seine Geschichte, sein Leben prägen. Wäre es nicht schön, wenn der Gott-Schöpfer, der uns erdacht und ins Leben wirft, uns dereinst beim Stillstand unseres Weges an sich zieht und dann in sein persönliches Dasein, in seine Sammlung aufnimmt? Allein die Vorstellung ist schön.

Die zweite und dritte Serie der Bergwürfel wurde vor dem Abwurf bunt bemalt und mit Steinen beschwert. um die Spuren noch intensiver gezeichnet zu sehen. Diese Arbeiten sind inspiriert von der amerikanischen Pop Art- Bewegung. Künstler wie John Chamberlain oder Frank Stella lassen grüssen. Das Amerikanische daran bleibt wohl die Performance, der Action-Part des Falles, die Dramatik, die Sensation als Film, spätestens im Kopf des Betrachters.

Die vierte Serie der Würfel im Jahr 2002 wurde dekorativ bemalt und als Collage verklebt. Die Inszenierung fiel weg. Umso mehr reizte mich die Umsetzung eines dereinst schönen Objekts, nun zerstört oder verändert, in eine neue Form zu bringen und so seine Geschichte zu integrieren: aus Trümmerteilen eine neue Welt erschaffen, die weiterlebt in einer neuen Gestalt. Von da an nannte ich die Serien WEILAND, von etwas Ehemaligem. So sind aus Trümmerteilen verklebte, gebundene, aus zerbrochenen Einzelteilen zusammen komponierte, dreidimensionale Wandarbeiten entstanden. Mag sein, dass diese Entwicklung zurückzuführen ist auf mein angeblich gescheitertes Into the Hotel-Projekt aus dem Jahre 2000, welches nach seiner viel gepriesenen Eröffnung sieben Wochen später aus emotionalen Gründen niedergerissen und zerstört wurde. Aus jenen Trümmerteilen hatte ich mein Dasein, meine Arbeit neu zu leben. Die persönliche Auseinandersetzung mit diesem Lebensabschnitt spiegelt die vierte Generation der Bergwürfel am besten.

 

In der fünften Generation aus dem Jahr 2011 werden fremde und benutzte Materialien eingebunden. Basis sind immer noch die reich dekorierten Würfel, (diesmal etwas grösser 50 x 50 cm), welche an der fast 2000 Meter hohen Matterhorn-Nordwand ihre Form und Eigenart beziehen und so Grundinspiration sind. Das optische Verschmelzen verschiedener Gegenstände und Geschichten lässt des Betrachters Phantasie freien Raum. In einer Zeit von digitaler Technik und Funktionalitätswahn wirken diese Arbeiten einfach und ihr Kosmos ist leicht nachvollziehbar. Sie können ein verspieltes metaphysisches Denken auslösen. Oder machen sie den Betrachter zum Kind? Das wäre schön und schliesst den Kreis zur spirituellen Dimension des Werkes mit den Worten Jesu’, der da sagt «Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht. denn gerade für Menschen wie sie steht die neue Welt Gottes offen.»

Heinz Julen

Mehr Informationen finden Sie im WEINLAND-Katalog.